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Europäischer Gerichtshof (Az. C-162/13)

Definition des Schutzumfangs einer Haftpflichtversicherung für Opfer, die bei Unfällen mit Fahrzeugen verletzt werden

Die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist dazu da, sämtliche Unfälle und Schäden abzudecken, die bei einer gewöhnlichen Benutzung eines Fahrzeugs entstehen können. Doch genau hier beginnt bereits die Unsicherheit. Was versteht man unter einer „gewöhnlichen Nutzung“ eines Fahrzeugs? Diese kann sehr unterschiedlich definiert werden, wodurch es in der Vergangenheit immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen gekommen ist. Durch ein aktuelles Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union könnte bei solchen Fällen nun endlich Klarheit geschaffen worden sein.

Folgender Sachverhalt lag dem Verfahren zugrunde:

Auf einem Bauernhof stieß ein Traktor im Zuge des Abladens von Heuballen beim Rückwärtsfahren mit seinem Anhänger gegen eine Leiter, auf der der Geschädigte stand. Dieser stürzte im Anschluss von der Leiter und zog sich dabei nicht unerhebliche Verletzungen zu. Für diese Verletzungen versuchte der Geschädigte von der Versicherung des Traktorhalters eine Entschädigung zu erhalten. Der Versicherer lehnte dies jedoch mit der Begründung ab, dass der Traktor zum Zeitpunkt des Unfalls nicht wie vorgesehen als Transportmittel, sondern als Arbeitsmaschine genutzt wurde. Die vom Halter abgeschlossene Versicherung sei jedoch nur für Transportmittel vorgesehen. Für den Geschädigten war diese Begründung nicht hinnehmbar, weshalb er den Versicherungskonzern verklagte. Der Fall wurde zunächst vor dem zuständigen Amtsgericht in Slowenien verhandelt. Hier gaben die Richter der Versicherung Recht, da ihrer Meinung nach die Eigenschaft als Transportmittel zum Zeitpunkt des Unfalls nicht gegeben war, und somit die Versicherung nicht zur Regulierung des Schadens in die Pflicht genommen werden könne. Dies wollte der Geschädigte nicht hinnehmen und ging in Revision. Anschließend befasste sich der oberste slowenische Gerichtshof mit dem Fall. Die Richter beschlossen, vor einer Urteilsfällung den Europäischen Gerichtshof mit der Klärung der Frage zu beauftragen, ob hier und in ähnlich gelagerten Fällen die Eigenschaft eines Fahrzeugs oder die einer Arbeitsmaschine gegeben ist. Zunächst merkten die Richter am EuGH an, dass der Begriff Fahrzeug grundsätzlich von der Benutzung unabhängig ist, also sich eher auf die Bauweise bezieht. Weiterhin bemerkten die Richter, dass die Auslegung des Begriffs Benutzung eines Fahrzeugs nicht Sache der einzelnen Länder ist, sondern eine einheitliche und europaweite Definition erhalten müsse. Schließlich kamen die Richter auf den konkreten Fall des von der Leiter gestoßenen Geschädigten zu sprechen. Sie verfolgten die Ansicht, dass es sich bei dem rückwärtsfahrenden Traktor mit Anhänger um die gewöhnliche Nutzung eines Fahrzeugs handelte, also durch die bestehende Haftpflichtversicherung abgedeckt sein müsste. Sie empfahlen somit dem zuständigen Gericht vor Ort, den Fall nochmals zu prüfen und das Urteil gegebenenfalls zu revidieren.