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OLG Hamm (Az. 6 U 167/12)

Kein Schadensersatzanspruch nach einem provozierten Unfall für den geschädigten Autofahrer

Wir alle kennen die Situationen im Straßenverkehr, bei denen uns andere Autofahrer so sehr aufregen, dass wir ihnen am liebsten ins Auto fahren würden. Doch wie verhält es sich, wenn ein solches Unterfangen einmal Realität wird und ein Autofahrer einen Unfall provoziert? Hat er in einem solchen Fall Anspruch auf Schadenersatz? Ein derart gelagerter Fall wurde kürzlich von dem Oberlandesgericht Hamm verhandelt. Zu Grunde lag folgende Streitsituation: Der Fahrer eines Mercedes-Benz Pkw befuhr am 28. November 2011 in Bottrop die Essener Straße und wollte an der Anschlussstelle auf die dort befindliche Autobahn auffahren. Kurz vor der Auffahrt fuhr der Kläger auf eine Fußgängerampel zu, die für ihn Grün zeigte. Trotzdem bremste er sein Fahrzeug so weit ab, dass eine hinter ihm befindliche Fahrzeugführerin ihr Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum Stehen bringen konnte und auf das Fahrzeug des Klägers auffuhr. In der Folge verlangte der Kläger von der Beklagten Schadenersatz für den Unfallschaden an seinem Fahrzeug, der auf ca. 10.500 Euro beziffert wurde. Nur am Rande: Mit dem gleichen Fahrzeug hatte der Kläger nur etwa zwei Monate zuvor bereits einen Schaden erlitten, der zum Zeitpunkt des Unfalls jedoch wieder repariert war. Vor dem Oberlandesgericht Hamm konnten die Ausführungen des Klägers jedoch nicht bestehen. Die Richter wiesen seine Schadensersatzforderungen ab und stellten fest, dass es sich hierbei um einen manipulierten Unfall handele, der vom Kläger bewusst provoziert wurde. Im Detail stellten die Richter fest: Schon die Abrechnung des Unfallschadens sowie die Art des Unfalls spreche ganz klar für eine Manipulation bzw. eine provozierte Kollision. Grundsätzlich sei festzustellen, dass die hier anzutreffende Konstellation eines Auffahrunfalls von Personen, die bewusst einen solchen herbeiführen wollen, auffällig oft gewählt werde, da sie für den Provokateur gut zu handhaben und weitgehend ungefährlich sei. Die Richter führten weiter aus, dass manipulierte Unfälle fast immer in dieser oder ähnlicher Konstellation herbeigeführt werden, da diese zu einem Anscheinsbeweis für die Alleinhaftung des auffahrenden Fahrers führe und somit eine Mithaftung durch den Führer des vorausfahrenden Fahrzeugs nur sehr selten in Betracht komme. Außerdem sei die vorliegende Konstellation auch in wirtschaftlicher Hinsicht für den Provokateur des Unfalls interessant, da Heckschäden grundsätzlich zu hohen Reparaturkosten führen. Im vorliegenden Fall ermittelten die Richter weiterhin anhand eindeutiger Indizien, dass der Kläger dem Sachverständigen, welcher den Schaden des hier vorliegenden Unfalls auf ca. 9.500 Euro schätzte, einen zuvor erlittenen Frontschaden bewusst verschwiegen hatte, um den Wiederbeschaffungs- bzw. Restwert des Fahrzeugs entsprechend zu steigern. Weiterhin sei für manipulierte Unfälle typisch, dass der Kläger das Fahrzeug erst wenige Monate vor den Unfall erworben habe und in dieser kurzen Zeit bereits einen Vorunfall erlitten hatte. Nach dem Unfall habe er sein Fahrzeug direkt weiterveräußert, was ebenfalls für das Gericht nicht nachvollziehbar erschien. Da der Kläger den Unfall in erster Instanz vor dem Landgericht und später auch von dem Oberlandesgericht in seinem Hergang jeweils deutlich unterschiedlich dargestellt habe, seien die Angaben nicht nachvollziehbar. In diesem Fall sei eindeutig festzustellen, dass ein geschädigter Autofahrer nach einem von ihm provozierten Unfall keinen Schadensersatzanspruch habe.